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Donnerstag, 05.10.2017 — 19:00
Abtei Neumünster, 28 rue Münster, Luxemburg-Grund
Literatur
Marcel Beyer: „Das blindgeweinte Jahrhundert“
Lesung und Gespräch
In deutscher Sprache
Eintritt 10 € | 5 € | 1,50 € (Kulturpass)

Marcel Beyer, Büchner-Preisträger des Jahres 2016, veröffentlichte seinen ersten Gedichtband „Kleine Zahnpasta“ im Jahre 1989. Bekanntheit erlangte Marcel Beyer durch seinen Debütroman „Menschenfleisch“ (1991). Noch mehr Aufsehen erregte allerdings sein zweiter Roman, „Flughunde“ (1995), der mittlerweile, unter anderem in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Baden-Württemberg, zur Schullektüre gehört. Darauf folgten u.a. der Roman „Spione“ (2000), der Lyrikband „Erdkunde“ (2002) und 2008 der Roman „Kaltenburg“, literarische Glanzleistungen, in denen Marcel Beyer sich – wie auch in seinem Gesamtwerk – aus unterschiedlicher und immer wieder neuer Perspektive mit der deutschen Geschichte auseinandersetzt. In „Flughunde“ (Suhrkamp, 1995) etwa verbindet er die monströse Geschichte um die Tötung der Goebbels-Kinder mit einer Reflexion der elektronischen Aufzeichnungsmedien. Marcel Beyer schlägt stets Verbindungen zwischen der Vergangenheit und unserer unmittelbaren Gegenwart.  So konfrontiert er den Leser beispielsweise auch in seinem Gedichtband „Graphit“ (Suhrkamp, 2014) mit einem gewaltigen Panorama der Geschichte und der Gegenwart. In seiner jüngsten Publikation, „Das blindgeweinte Jahrhundert“ (Suhrkamp, 2017), einer Sammlung poetischer und poetologischer Reflexionen über die kulturelle und öffentliche Bedeutung des Tränenflusses, stellt Beyer das Detail der Träne in den großen Zusammenhang von Geschichte und Erinnerung im 20. und 21. Jahrhundert. Dem Leser begegnen u.a. Theodor W. Adorno, Helmut Kohl, Georges Perec, aber auch Heintje, der die Mutter bittet, nicht um ihren Jungen zu weinen. Vor diesem Tränen-Panorama geht es Beyer stets auch um die Bedingungen und Möglichkeiten von Literatur im 20. Jahrhundert und die Frage, ob – und wenn ja, wie – Literatur nach Auschwitz möglich sei. Seine Antwort auf diese Frage lautet „ja“, nämlich durch „Detailarbeit am Material der Realität wie der Literatur”. Eine Antwort, mit der er sein literarisches Schaffen vielleicht in nuce zusammenfasst. Eine Antwort aber auch, mit der er eine Debatte über den Zusammenhang von Literatur und Politik lanciert und als Intellektueller die Frage nach der Bedeutung von Literatur in einem engagierten Kontext jenseits der bloßen Ästhetik stellt. Das Buch, eine „essayistische Phänomenologie des Tränenflusses“ (Frankfurter Rundschau), bietet reichlich Stoff für Debatten, wovon sich unsere Gäste am 5. Oktober überzeugen können.

Marcel Beyer wird Auszüge aus seinem neuen Buch lesen und mit Samuel Hamen darüber sprechen.


Marcel Beyer, geboren 1965 in Tailfingen/Württemberg, wuchs in Kiel und Neuss auf. Er studierte von 1987 bis 1991 Germanistik, Anglistik und Literaturwissenschaft an der Universität Siegen; 1992 erlangte er den Magister artium mit einer Arbeit über Friederike Mayröcker. Der Autor erhielt zahlreiche Preise, darunter 2008 den Joseph-Breitbach-Preis und 2016 den Georg-Büchner-Preis. Bis 1996 lebte Marcel Beyer in Köln, seitdem ist er in Dresden ansässig. Zuletzt erschien von ihm „Das blindgeweinte Jahrhundert“ (Suhrkamp, 2017).


Samuel Hamen, geboren 1988 in Luxemburg-Stadt, studierte Germanistik an der Universität Heidelberg. Zurzeit schreibt er ebendort an seiner Promotion zum Lyriker Thomas Kling. Er betreut den Literaturblog www.ltrtr.de und arbeitet als freier Redakteur u. a. für das „tageblatt“, tell-review.de, „ZEIT Online“ sowie den luxemburgischen Radiosender „100,7“. Bei der Tageszeitung „Lëtzebuerger Journal“ betreut er seit über zwei Jahren die Literaturkolumne „Vun alle Säiten“.  Zudem ist er externer Mitarbeiter des „Centre national de littérature“ (CNL) in Luxemburg. Schwerpunkt seiner journalistischen wie wissenschaftlichen Arbeit ist die Gegenwartsliteratur.


Luxemburgische Presseschau:

Artikel vom Tageblatt (12.10.2017)

Interview mit Marcel Beyer während seines Aufenthaltes in Luxemburg (Radio 100,7)

 


 

 

Eindrücke vom Abend mit Marcel Beyer und Samuel Hamen (das komplette Video zur Veranstaltung finden Sie in der Mediathek):

Pressestimmen zu Marcel Beyer:

Laut dem beeindruckten Rezensent der FR faszinieren, beeindrucken und verwirren Beyers Beispiele, seine wilden Assoziationen und Verknüpfungen, durch die immer wieder neue Wege des Denkens erschlossen und interessante Fragen aufgeworfen werden. „Das blindgeweinte Jahrhundert“ ist Autobiografie, Erzählung, Metareflexion und genialischer Essay in einem und überzeugt damit.

Rezension der FR

Pressestimmen
Selbstbewusst in seiner Poetik und politisch hellwach
Süddeutsche
Organisiert vom Institut Pierre Werner in Zusammenarbeit mit der Universität des Saarlandes und dem Graduiertenkolleg “Europäische Traumkulturen” und mit Unterstützung der Deutschen Botschaft in Luxemburg und neimënster.